Die Kita ist kein Krankenlager!

Liebe Eltern, liebe Interessierte,

vor kurzem bat uns der Elternausschuss um Veröffentlichung eines Schreibens von Eltern für Eltern zum Thema „Kranke Kinder in der Einrichtung“. Auch wir, die ErzieherInnen würden nun gerne die Gelegenheit nutzen und uns anschließen.

Unser Kita-Blog wurde bislang ausschließlich für positive Beiträge genutzt. Grund dafür sind sicherlich die vielen freudebringenden Seiten des Kita-Alltags. Heute möchten wir uns allerdings zu einem weniger erfreulichen Thema äußern. 

Die Überschrift des Beitrages „Die Kita ist kein Krankenlager“ macht es deutlich und jedes Jahr aufs Neue müssen wir uns leider dieser Thematik stellen. Denn nach den Sommermonaten, in denen sich die Kinder auch nur bedingt von allen möglichen Krankheiten erholen können, steigt  ab Herbst eines jeden Jahres die Anzahl der kranken Kinder in unserer und auch in anderen Einrichtungen so drastisch, dass wir bereits nach wenigen kälteren Tagen, fast ausschließlich von kranken Kindern umgeben sind. 

Es geht dabei um die Kinder, die mit tagelang grün laufenden Nasen zum Trost nach unserer Schulter verlangen. Jene Kinder, die mit ihrem von Speichel getränkten Händchen nach unserer Hand greifen. Es geht um die Kinder, die auf Grund von Fieber abgeholt werden müssen und am nächsten Tag mit der Begründung: „Zuhause war er/sie fit“ wieder hier in der Kita stehen – und um jene, die mehrfachen Durchfall haben, „weil sie gestern zu Hause zu viel Schokolade gegessen haben“.

Es geht auch um die Kinder, die hier in der Kita nicht einschlafen können, weil ihre Schleimhäute in Nase und Rachen so geschwollen sind, dass sie durch den Schnuller keine Luft mehr bekommen – sie beim Atmen pfeifen und um jene, die von so viel Schleim im Hals husten müssen, bis sie sich übergeben.

Und so reicht oft 1 krankes Kinder in der Kita, das 5 gesunde Kinder ansteckt – damit dann aus 6 kranken Kindern 35 werden. Und dann sind es neben den 35 Kindern, die so krank den Alltag in der Kita auch nur schwer bewältigen können, eben vielleicht noch 3, 4 oder mehr ErzieherInnen die deshalb krankheitsbedingt ausfallen.

Liebe Eltern,

JA, wir haben Verständnis dafür, dass Sie als MaPA arbeiten gehen müssen, weil die Krankentage evtl. bereits aufgebraucht sind, aber nicht dafür, dass Sie uns ein Kind bringen, das sagt, dass es sich heute morgen übergeben musste.

JA, wir haben Verständnis dafür, dass Oma/Opa gerade nicht zur Verfügung stehen und/oder der Arbeitgeber Ihnen wegen zu vielen Fehltagen bereits Druck macht, aber nicht dafür, dass Sie hier ein Kind abgeben möchten, das so gerötete und vereiterte Augen hat, dass es kaum mehr etwas sieht.

JA, wir haben Verständnis dafür, dass heute vielleicht ein ganz wichtiger Termin ansteht, den Sie unbedingt wahrnehmen müssen, aber nicht dafür, dass Ihr Kind gestern zwar Fieber hatte, heute morgen aber zu Hause wieder getobt hat und Sie deshalb der Meinung sind, dass es wieder die Kita besuchen kann. Weshalb Sie Ihrem Kind am Morgen noch Fiebersaft geben oder ihm Medikamente in seinen Rucksack stecken, die es eigenständig einnehmen soll oder uns bitten es ihm zu geben. 

JA, wir haben Verständnis dafür, dass es nervenaufreibend ist, dass die Kita schon wieder den Maßnahmenplan ausruft oder vielleicht sogar auf Grund von Personalmangel die Öffnungszeiten verkürzen muss – aber wussten Sie, dass wir ErzieherInnen nicht die Superkraft besitzen, um immer allen Viren und Bakterien, denen wir täglich in der Kita ausgesetzt sind, zu trotzen? 

Wussten Sie, dass wir vielleicht auch Kinder zu Hause haben, die krank sind und die Kita nicht besuchen können? Dass unsere Kinder sich als Dritte in der Kette infiziert haben, nachdem WIR uns vorher in der Kita angesteckt haben? 

Wussten Sie, dass WIR auch Mütter und Väter, Tanten, Onkel, Töchter und Söhne sind, die die Krankheiten mit nach Hause zu den eigenen Kindern oder gesundheitlich schwachen Familienmitgliedern bringen? 

Wussten Sie, dass wir nicht selten krankheitsbedingt am Geburtstag der Nichte nicht da sein können oder den lang geplanten Familienausflug absagen müssen? JA, und auch wenn uns dieses Risiko bei der Berufswahl bewusst war, können WIR uns den Ursachen der Ansteckung nicht einfach fernhalten, wie andere sich die Hände desinfizieren, nachdem sie wissentlich mit Bakterien in Kontakt gekommen sind.

DENN…  wir lehnen kein weinendes Kind ab das Trost braucht, auch wenn es krank ist und möchten auch weiterhin auf Augenhöhe mit Kindern auf dem Boden sitzen oder sie auf dem Schoß halten. Wir helfen trotzdem beim Schuhebinden, auch wenn sie uns dabei versehentlich ins Gesicht husten und kuscheln auch weiterhin mit den Kindern, wenn sie erschöpft sind und nach Nähe verlangen, weil eben DAS zu unserem Beruf gehört.

Wie sich dieses kranke Kind im Kita-Alltag fühlen muss, können wir dabei nur erahnen. Es bewältigt diesen zwar bis es dann endlich abgeholt wird, aber Spaß hat es nicht. Abgesehen davon, dass es hier in der Kita seine Krankheit nicht auskurieren kann, sondern diese einfach übergeht, weil es sich hier nicht in diesem Maße erholen kann, wie es das bräuchte und es zu Hause möglich wäre.

„Kita“ verlangt von Ihren Kindern viel ab- nicht nur physisch ist der Kindergarten wie ein Arbeitstag für die Kinder zu sehen und auch sozial und emotional unglaublich fordernd. Wir beobachten leider zunehmend, dass Eltern das unterschätzen und deshalb die Gesundheit Ihrer Kinder unbewusst aber auch wissentlich riskieren. Die Folgen sind vermehrt Lungenentzündungen, lange Krankenhausaufenthalte wegen unerklärlichem, hohen Fieber oder aber Kinder die in ihrer Sprachentwicklung und der Wahrnehmung eingeschränkt sind, weil Ihre Ohren durch die vielen nicht auskurierten Infekte verschließen- Und leider, ist die Häufung dieser schweren Verläufe, zumindest in unserer Kita, tendenziell immer größer.

Da stellt sich nun die Frage: Wann ist mein Kind denn nicht fit für die Kita?

Ganz klar: Dann, wenn auch „nur“ die Nase läuft und eigentlich auch schon mit weitaus weniger ersichtlichen Symptomen. Neben Erbrechen, Durchfall, Übelkeit, farbigem Schnupfen, produktivem Husten, geröteten Augen oder Bläschen/Ausschlag an Mund, Hand oder im Rachen gibt es nämlich weitere Symptome, die Eltern am Morgen VOR der Kita unbedingt ernst nehmen sollten.

Äußert Ihr Kind nach dem Aufstehen, dass es sich nicht wohl fühlt? Wirkt es erschöpft, abgeschlagen oder hat letzte Nacht schlecht geschlafen? Ist es weinerlich, klagt es über Schmerzen oder sieht blass aus?  Hat es Augenringe oder zeigt einen ungewöhnlich schlechten Allgemeinzustand? 

Dann sollten Sie als Eltern aufhorchen und Ihr Kind, zumindest bis zum Verlassen des Hauses, genauer beobachten. Weint Ihr Kind dann untypisch bei der Verabschiedung und kann sich nur schwer oder garnicht lösen, dann sollten sie spätestens da hinterfragen, ob Ihr Kind an diesem Tag fit für die Kita ist.

Lieber Eltern, wir möchten mit diesem Blog-Beitrag nicht mit dem imaginären „erhobenem Zeigefinger“ über Ihnen stehen. Sie sind die Experten Ihrer Kinder. Dennoch ist es uns, in Anbetracht unserer Beobachtungen der letzten Monate und im Hinblick auf die bald wiederkehrenden „kalten Monate“, ein Anliegen- im Sinne der Kinder – über dieses Thema ins Gespräch zu kommen und Betroffene dafür zu sensibilisieren. 

Alle hier im Beitrag aufgezeigten Beispiele, haben sich tatsächlich so ereignet und auch wir ErzieherInnen kommen hier nicht selten an unsere beruflichen aber auch persönlichen Grenzen. Nur gemeinsam können wir in der nächsten Winterperiode vielen Unannehmlichkeiten im Bezug auf die Einschränkung der Kita-Öffnungszeiten aber vor allem der Risiken für die Gesundheit der Kinder und unseres Personals vorbeugen, indem wir umsichtiger sind, als wir es in der Vergangenheit waren.

Ihr Kita- Team